Geschichte
14. bis 21. Jahrhundert
Die von vielen Zeitschichten gezeichnete Dorfkirche ist
700 Jahre alt und liegt an der alten Salz- und Heringsstraße, einem der drei bedeutenden mittelalterlichen Handelswege Rügens. Nach der Christianisierung Rügens ab 1168 ist der jetzige Bau im Zuge der im 14. Jh. auch auf Rügen einsetzenden deutschen Einwanderung erbaut worden. Aufgrund eines wissenschaftlichen
Gutachtens im Jahr 2004 konnte der Baubeginn auf das Jahr
1313 datiert werden. Bei dem noch teilweise im Kirchenraum sichtbaren Fachwerk handelt es sich um Überreste eines ursprünglich eigenständigen Fachwerkbaus, der erst im 16. Jh. mit Backstein ummauert wurde. Damit ist die Kirche in Landow der älteste bekannte Fachwerkkirchenbau in Norddeutschland und
im gesamten Raum der südlichen Ostsee.
Der polygonal geschlossene und gewölbte zweijochige Chor
ist um
ca. 1400 entstanden. Der Turm wurde vermutlich
1733 aufgesetzt. Die Kirche stellt einen späten Ausläufer der gotischen Architektur
in der Region dar und ist in die »Europäischen Route der Backsteingotik« aufgenommen. Im 18. Jh. kommt eine reiche barocke Ausstattung in die Kirche, darunter Altar, Taufe, Kanzel und Patronatsgestühl von Elias Kessler aus Stralsund, dem bedeutendsten pommerschen Bildhauer dieser Zeit.
Die Ortschaft Landow findet 1333 ihre erste Erwähnung.
Das Benennen von zwei geistlichen Bruderschaften (1369, Kalandbruderschaft) zeugt von der Bedeutung Landows im späten Mittelalter. Die Kirche ist der Mittelpunkt des ehemaligen Pfarrdorfes mit Pfarr-, Küster-, Pfarrwitwenhaus und Pfarrbauernhof. Sie markiert eine Anhöhe in der Boddenlandschaft und erinnert an die historische Furt durch die inzwischen verlandete Landower Wedde.
Im Laufe der Jahrhunderte verlagern sich die Verkehrswege auf der Insel, wodurch Landow immer mehr ins Abseits rückt. Besonders im 19./20. Jh. ergibt sich durch den Neubau von Eisenbahn und Straßen sowie der Entwicklung des Ostsee- und Bädertourismus eine periphere Lage. Das kleine Dorf, mit gegenwärtig gut zwei Dutzend Einwohnern, wird schon seit 1934 kirchlich von der Pfarrstelle Samtens betreut. Die umliegenden Güter beherbergen nach 1945 hunderte von Flüchtlingen und Neusiedler, für die evangelische Gottesdienste und auch vereinzelt katholische Messen in der Kirche stattfinden. Auch die Zentralisierung und
Industrialisierung der Landwirtschaft nach 1950 beeinflusst den Bedeutungsverlust Landows.
Der teilweise heute noch desolate bauliche Zustand der Kirche
ist exemplarisch für viele Dorfkirchen in Mecklenburg-Vorpommern, in denen die grundlegende Bauerhaltungsmaßnahmen
oft in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg liegen. Die Inflation der
zwanziger Jahre, der Nationalsozialismus, der 2. Weltkrieg und später die Mangelwirtschaft und die politischen Verhältnisse
der DDR ermöglichen keine notwendige Instandsetzung und Sanierung von Dorfkirchen. So wird das nur noch wenig genutzte
Kirchengebäude in den 1970er Jahren aufgegeben. Die Inneneinrichtung wird in Teilen ausgelagert. Die Holzdecke soll in einer anderen Kirche eingebaut werden. Das Triumphkreuz aus dem
15. Jh. bekommt einen neuen Platz im Stralsunder Gemeindezentrum Knieper-West. Eine Umnutzung als Museum, Atelier
oder kirchliches Freizeitheim lässt sich damals nicht realisieren. Das Gebäude bleibt sich selbst überlassen, verwahrlost und
zerfällt.
Dank des Enthusiasmus weniger Menschen wird die Kirche vor
dem endgültigen Verfall gerettet. In den 1980er Jahren gelingt einzelnen, für den Denkmalschutz und die Kulturförderung in der DDR engagierten Bürgern eine erste Notsicherung des einsturzgefährdeten Gebäudes. Nach der Wende, in den Jahren 1991/92 und 2002/3, erfolgen durch Fördergelder und viele Spenden grundlegende Sicherungsmaßnahmen an Turm, Fenstern, Dach, Fußboden und Außenmauerwerk. Seitdem werden weitere behutsame Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen in kleinen Schritten durchgeführt. Hervorzuheben sind zwei akademische Sommerschulen der HfBK Dresden 2005/6, in denen Kunstgut
restauriert und die verbliebenen Deckenbretter montiert wurden. Neben der von der EU geförderten Verbesserung der Ausstattung der Kirche 2006 ist das wiederholte Engagement der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und des Vereins Dorfkirchen in Not grundlegend für die Rettung der Kirche gewesen.
Seit 1991 gastieren hier die
Festspiele Mecklenburg-Vorpommern und seit 2000 nutzt die Kirchengemeinde Samtens mit dem
Freundeskreis Kirche zu Landow die Kirche als Kultur- und Wegekirche.
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